english | polish

linia oddzielająca menu od treści

Home

"...er ist für mich ein solch' faszinierender Barbar. ... ja. Wie auf dem Bild von Zegalski. Ich finde ihn ungewöhnlich interessant, er ist ein Kunstschaffender, der ohne Rucksicht auf das was in der Weltkunst geschieht, Sachen macht, die durch Kraft überraschen."
Roman Opałka

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist in jeder Hinsicht eine peinliche und delikate Sache über das Schaffen eines zeitgenössischen Künstlers zu schreiben.

Denn nur der Künstler selbst, ein Kunstkritiker oder ein Freund des Künstlers kann darüber schreiben, jedoch würde es trotzdem in allen drei Fällen immer noch irgendwie plump und zweideutig aussehen bzw. falsch klingen.

Ein Künstler würde sein schöpferisches "Confiteor" angeben, aber niemand würde doch einem Mann glauben, der sich und sein Kunst erklärt. Ein Kritiker hätte es gut oder schlecht geschrieben, da er entweder den Künstler schätzt oder eher nicht. Ein Freund des Künstlers würde einen positiven Gefälligkeitstext schreiben, denn eine negative Äußerung würde der Künstler einfach in den Mülleimer werfen. Es bleiben noch Gedichte, die die Malkunst des Künstlers kommentieren würden, aber das könnte wohl nur Tanten und Fräuleins begeistern, und ich gehöre weder zu den einen noch zu den anderen.

Ich bin hingegen ein ehemaliger Akademielehrer des Künstlers, über den ich ein paar Worte sagen möchte. Wir können also von einem Unterschied der Generationen reden, der als eine Garantie der Unbefangenheit (was nicht "Objektivität" bedeutet) des vorliegenden Textes gilt.

Zegalski, ein Maler, Avantgardist und ideeller Führer der "Gruppe der Drei" oder des "Aufgeblasenes Terzetts" tauchte in der Mitte der Achtziger Jahre, unmittelbar nach dem Abschluß seines Studiums, in der polnischen Kunst auf - dynamisch und sehr kontrovers, Diplom der Kunstakademie in Krakau im Jahre 1984, und schon im Jahre 1988 auf der ersten großen Ausstellung der Jungen Künstler, nach der Aufhebung des Kriegsrechts in Polen - "Arsenal'88" - wurde Zegalski der Träger des, von einer internationalen Jury zuerkannten, Grand Prix. Das Publikum seiner Werke hatte sich sofort in treue Anhänger und Erzfeinde geteilt. Ähnlich hatten auch Kritiker und künstlerische Kreise reagiert.

Im Laufe weniger Jahre fing die Gruppe seiner Feinde an, immer größer zu werden, da Zegalski drei Fehler begangen hatte, die bei uns unverzeihlich sind: Gestaltende, souveräne Individualität und radikale Verachtung der lokalen "Avantgarde", die in der Regel eine müde Kopie der Trends der Weltkunst darstellt.

2. Eindeutige Präferenz für die thematische und figurälische Malerei von sehr polnischen Charakter, verbunden mit hervorragender Werkstatt, Kenntnis des Handwerks und der Maltechnik.

3. Von seinen Bildern versammelt sich ein großes Publikum, welches bereit ist sie auch zu kaufen und somit eine erhebliche Nachfrage besteht.

Das genügt, um das Schaffen eines Künstlers unerträglich zu machen. Und so war es auch, wie ich meine, im Falle des Zegalski, der sich als Aufenthaltsort und Arbeitsplatz die Bundesrepublik Deutschland ausgewählt hatte, wo er zwar auch nicht leichter als in Polen lebt, aber bestimmt künstlerisch freier.

Die Persönlichkeit Zegalski wurde, meiner Meinung nach, schon längst geformt, und das was er gegenwärtig kreiert, ist eine Vervollkommnung und Konsequenz dieser Persönlichkeit. Als ich ihn, als einen Studenten in meiner "Meisterklasse" in der Kunstakademie kennenlernte, wurde mir sehr schnell klar, daß sein weiteres Studium sinnlos wäre, und daß man ihm das Diplom der Kunstakademie, den Vorschriften zuwider, sofort geben sollte. Er war bereit! - Wenn von der Entwicklung, der Konsequenz oder der Vervollkommnung die Rede ist, meine ich vor allem jenen Zusammenhang, der provokativ als eine strenge Darstellungsweise bezeichnet werden kann, verknüpft mit dem Bestreben zur Werkstattperfektion.

Das Phänomen Zegalski ist nur deshalb möglich, weil er auf eine außergewöhnlich arbiträre und sogar arrogante, dafür aber sehr glaubhafte und authentische Weise alles ablehnt, was seiner Meinung nach, zur Entwertung und dem Untergang der Werte geführt hat, die traditionell als lebensspendende und künstlerische Heiligtümer angesehen wurden, in den letzten Jahrzehnten jedoch ihre Bedeutung verloren, und heute als Gestammel und Debilität in der Kunst bezeichnet werden können.

Aus dieser Position heraus folgt logischerweise ein aufrührerisches Verhältnis gegenüber allen polnischen Heiligkeiten, Mythen und Traditionen. Die Ergebnisse seiner Tätigkeit sind entsprechend. Die scheinbar traditionelle Form, mit ihrer ganzen Rücksichtslosigkeit und jugendlicher Intoleranz, ist im Grunde genommen Provokationspotenzial, das auf eben diese Tradition, genauer auf ihre Kultivierung und Interpretation abzielt. In seinen Werken gibt es keine Tabus. Wir finden Jesus Christus und Alkoholiker, Nutten und Nonnen, Parteigenossen und kopulierende Tiere, kirchliche Würdenträger und splitternackte Jünglinge, Motorradrocker und bäuerliche Fahrwerke, das hoffnungslose unfruchtbare und betrunkene Dorf ebenso wie die betrunkene schmutzige und stinkende Stadt...

Es passierte mehrfach, noch unter der kommunistischen Regierung, daß Zegalski wegen seiner Bilder der Subversiven, antisozialistischen und die Volksrepublik Polen beleidigenden Tätigkeit beschuldigt wurde. Man hatte ihm die Ausstellungshallen versperrt, man hatte ihm die Türen der Ämter vor der Nase zugeschlagen. Seltene Ausstellungen seiner Werke im heutigen Polen beweisen, daß er heutzutage, in der neuen Wirklichkeit, der Agitation gegen die Republik Polen, die Kirche und die Solidarität (Solidarnosc) angeklagt wäre und sicherlich hätte man ihn für einen Antisemiten, Päderasten oder Agenten des KGB gehalten.

Der Obskurantismus, der Fanatismus, die Intoleranz, der mit Hochmut und Dummheit durchtränkte periphere Chauvinismus akzeptiert die schmerzhafte Wirklichkeit der Bilder nicht. Die Bilder, die das getreue Abbild dieser Welt sind, scheinen in der osteuropäischen Mentalität, wo man, um den Schein zu wahren, die Tatsachen falsch dargestellt, nicht erfaßbar zu sein.

Zegalski ist kein Moralist oder Richter. Er ist weder ein Staatsanwalt noch ein Arzt. Er hat nicht vor, ein Lehrer oder ein Prophet des Volkes zu sein. Er ist ein Mensch, der uns aus unserer Agonie reißt. Er weckt uns aus den Trugbildern einer verlogenen Geschichte auf. Ohne Umschweife, teilweise sogar rüpelhaft, manchmal "haut er in die Fresse" eben um bewußtzumachen, wer wir sind und in welcher Lage wir uns befinden - was wir so nicht ertragen, weil wir lieber unsere imaginäre Herrlichkeit erleben.

Man kann natürlich diskutieren, ob das, was Leszek Zegalski macht, die Kunst überhaupt betrifft, das jedoch wäre eine akademische Diskusion. Die ganze Aggressivität der zeitgenössischen Kunst bestätigt die Unmöglichkeit ihrer Trennung vom Menschen, von seinen Problemen und seiner Existenz. Die heutige Kunst macht dieses aber in der Regel sehr ungeschickt, schlampig und unordentlich (siehe Neue Wilde etc.).

Zegalski handelt jedoch außerhalb dieser Kategorien. Wie schon gesagt wurde, in seiner Kunst ist er drastisch, rüttelt wach und provoziert - aber das macht er mit der Klasse und der Eleganz eines Profis und er schämt sich seiner europäischen Herkunft nicht.

Das Problem ist, daß Europa und seine Kunst immer häufiger sein spezifisch europäisches Wesen und seine kontinentale Zivilisation leugnet, an unterschiedlich erwiderte Liebe leidend, mal zu Amerika mal zu Rußland sich wendend.

Es erinnert dann an eine alte Pariser Hure, die auf englisch mit dem New Yorker Akzent einen japanischen Touristen zu überzeugen versucht, daß sie Stalins Uhrenkelin sei, und daß sie in Sibirien „Hopaka“ getanzt habe.

Aber das ist wieder ein anderes Thema...

Die formalen Fragestellungen der Kunst von Zegalski habe ich nur in einem Satz berührt, denn ich glaube, daß der Künstler sie als zielgerichtetes Hilfsmittel behandelt und nicht als das Ziel selbst. In den Zusammenhang gibt es also keinen Grund, sich mit diesen Fragestellungen auseinanderzusetzen, da sie zu intim sind um es an dieser Stelle mitzuteilen und zu langweilig um es Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren zur Lektüre zu geben."

Prof. Jerzy Duda- Gracz
Maler
April 1990